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Aktuell in der WM

Copy Trading als neue Herausforderung für das Insiderhandelsverbot (Frankenreiter, WM 2024, 1349)

[1] Anbieter der Anlageform des Copy Trading werben gezielt damit, den Einstieg in den Kapitalmarkt zu erleichtern, indem Handelsvorgänge „erfahrener“ und „erfolgreicher“ Trader gegen Gebühr oder Provision nachgebildet oder kopiert werden können. Werden Handelsvorgänge jedoch automatisiert kopiert, beinhaltet ein solcher Mechanismus möglicherweise ein (noch) unerkanntes Missbrauchspotential. Der vorliegende Beitrag untersucht deshalb das Umgehungsrisiko der Strafvorschrift des Insiderhandels mithilfe des sogenannten Copy Trading als neue Herausforderung für das Bank- und Kapitalmarktstrafrecht.


A.  Einführung

B.  Handeln mit Insiderinformationen

I.  Strafbarkeit des Signalgebers bzgl. des eigenen Trades
1.  Verbotenes Tätigen, § 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG i.V.m. Art. 14 lit. a) MAR
2.  Empfehlungs- oder Verleitungsverbot, § 119 Abs. 3 Nr. 2 WpHG i.V.m. Art. 14 lit. b) MAR
a)  Empfehlungsverbot
aa)  Gegenüber dem jeweiligen Follower
bb)  Gegenüber dem Plattformbetreiber
b)  Verleitungsverbot
aa)  Gegenüber dem jeweiligen Follower bzgl. derselben Handelsvariablen
bb)  Gegenüber Sonstigen
cc)  Gegenüber dem Plattformbetreiber
II.  Strafbarkeit des Signalgebers wegen der kopierten Trades der Follower
1.  Verbotenes Tätigen, § 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG i.V.m. Art. 14 lit. a) MAR
a)  Eigene oder fremde Rechnung
aa)  Handeln im fremden Namen als unmittelbarer Stellvertreter für die Follower
bb)  Handeln im fremden Namen für die Plattform
b)  Indirekter Erwerb
2.  Mittelbare Täterschaft des Signalgebers
a)  Follower als Vordermann
b)  Plattformbetreiber als Vordermann

C.  Fazit


A.  Einführung

[2] Sich bei Anlageentscheidungen nach dem Verhalten anderer Marktteilnehmer zu richten, ist nicht neu. Entsprechende Informationen waren allerdings entweder nur für institutionelle Anleger zugänglich oder derart komplex, dass Kleinanleger diese nicht für ihre Kapitalanlage nutzen konnten. Dies hat sich durch die Digitalisierung des Banking, das Aufkommen Sozialer Medien und die Möglichkeiten neuer IT-Systeme grundlegend geändert. Inzwischen können sich Mitglieder von sozialen Plattformen nicht nur über Finanzprodukte austauschen, sondern teilweise auch die daraus resultierenden Ordern direkt auf den jeweiligen Plattformen aufgeben, womit das Copy bzw. Social Trading geschaffen wurde. Handelt es sich hierbei um keine ganz neue Anlageform, sind die Untersuchungen über die Auswirkungen auf das Risikoverhalten von Privatanlegern und die bank- und kapitalmarktrechtliche Einordnung dagegen relativ neu. Eine strafrechtliche Auseinandersetzung mit diesem Phänomen fand darüber hinaus lediglich am Rande statt. Entsprechend unterschiedlich werden die in diesem Kontext verwendeten Begrifflichkeiten noch gebraucht, weshalb zunächst festgehalten und erläutert werden soll, was unter diesen in der folgenden Untersuchung zu verstehen ist.

[3] Social Trading im weiten Sinne ist allein der Meinungsaustausch von Kleinanlegern über ihre Handels- und Anlagestrategien und die Beschaffungen von Informationen für das eigene Investment über soziale Netzwerke. Darunter fällt beispielsweise der durch den GameStop Short Squeeze bekannt gewordene Subreddit „r/wallstreetbets“. Dort teilen User in Forenbeiträgen ihre Trading-Gewinne oder -Verluste mit der Community, weisen mittels „Chartanalyse“ oder Geschäftszahlen auf – nach deren Ansicht – unterbewertete Aktien hin oder machen per Meme auf eine wirtschaftspolitische Lage aufmerksam, in der sich bestimmte Investitionen oder Handelsstrategien besonders anbieten. Derartige Posts dienen idealerweise dazu, die Einschätzung anderer User in den Kommentaren zu hören, darüber zu diskutieren und gegebenenfalls eigene Fehlschlüsse aufgezeigt zu bekommen oder in der bereits gefassten Handelsentscheidung bestärkt zu werden. Herausforderungen, die sich aus diesen „neuen“ Möglichkeiten der modernen Kommunikations- und Informationstechnologien ergeben, wurden für das Verbot der Marktmanipulation anhand des GameStop-Phänomens und des Insiderhandels anhand der Postings von Vorstandsmitgliedern auf ihren Social-Media-Kanälen5 bereits untersucht und sollen hier nicht weiter problematisiert werden.

[4] Beim Social Trading wird mittels spezialisierter Plattformen nicht nur der Austausch der Mitglieder untereinander, sondern auch das (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.07.2024 15:32
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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