Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

BGH: Zulässigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer zur Änderung der Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen

Der BGH, Urt. v. 22.3.2024 – V ZR 81/23 und V ZR 87/23, hat auf der Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts über die Voraussetzungen entschieden, unter denen die Wohnungseigentümer für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer beschließen können.

Gegenstand des Verfahrens V ZR 81/23 ist ein Beschluss, nach dem die Kosten für eine Reparatur der Doppelparker mit (im gemeinschaftlichen Eigentum stehender) Hebeanlage nicht mehr von allen Wohnungseigentümern, sondern nur von den Teileigentümern der Doppelparker gemeinschaftlich zu tragen sind. Dieser Beschluss ist nach Ansicht des BGH weder nichtig noch anfechtbar. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG begründe die Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Das gelte auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden. Dieses im Vergleich zur vorherigen Rechtslage weite Verständnis ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut und stehe mit dem gesetzgeberischen Ziel der Regelung in Einklang.
Der Beschluss entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Wohnungseigentümer hätten bei Änderungen des Umlageschlüssels aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft einen weiten Gestaltungsspielraum. Beschließen die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Änderung der bisherigen Verteilung, dürften sie jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Eine ordnungsmäßige Verwaltung liege daher dann vor, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt.
In dem Verfahren V ZR 87/23 hatten die Eigentümer den Beschluss gefasst, die (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) defekten Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums des dortigen Klägers auszutauschen; abweichend von der bisherigen Regelung habe der Kläger die Kosten des Austauschs allein zu tragen. Auch dieser Beschluss entspricht nach Ansicht des BGH ordnungsmäßiger Verwaltung. Er berücksichtige die alleinige Gebrauchsmöglichkeit der betroffenen Fenster durch den Kläger. Die Wohnungseigentümer hätten auch allein über die Kostentragung für den Fensteraustausch entscheiden dürfen, ohne zugleich eine Regelung für die Behandlung künftiger gleich gelagerter Fälle zu treffen. Die sog. „Maßstabskontinuität“ müsse nach der Neufassung des Wohnungseigentumsrechts nicht schon bei dem ersten Beschluss über die Kosten einer einzelnen Erhaltungsmaßnahme berücksichtigt werden. Eine andere Betrachtung sei auch nicht im Hinblick auf einen wirkungsvollen Rechtsschutz der Wohnungseigentümer geboten. Ob und in welcher Art und Weise in Folgebeschlüssen die zuvor für eine einzelne Instandsetzungsmaßnahme beschlossene Änderung der Kostenverteilung zu berücksichtigen ist, könne nicht hypothetisch für künftige Fälle beurteilt werden, sondern nur für eine konkrete Maßnahme oder einen bereits gefassten, konkreten Beschluss.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.03.2024 11:13
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite