Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

BGH: Hotelkosten bei Beherbergungsverbot während Corona-Pandemie

Der BGH hat mit Urteil vom 6.3.2024 – VIII ZR 363/21 über die Frage entschieden, ob ein Hotelgast die Rückzahlung des von ihm vorausgezahlten Beherbergungsentgelts verlangen kann, wenn nach der Buchung ein behördliches Verbot der Beherbergung zu touristischen Zwecken zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassen wird, das den gebuchten Zeitraum umfasst.

Die Klägerin hatte im Oktober 2019 zum Zweck einer touristischen Reise drei Doppelzimmer in einem Hotel der Beklagten in Lüneburg für den Zeitraum vom 14. bis zum 16.5.2020 gebucht. Hierbei hatte sie einen nicht stornierbaren Tarif gewählt. Das Beherbergungsentgelt zahlte sie im Voraus. Mit E-Mail vom 7.5.2020 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten, sie „storniere“ die Buchung und bitte um Rückzahlung. Sie bezog sich dabei auf einen Beschluss der Niedersächsischen Landesregierung, wonach die Einschränkungen für das touristische Reisen bis zum 25.5.2020 gälten. Die Beklagte lehnte eine Rückzahlung ebenso wie eine von der Klägerin zuvor unter Hinweis auf die Reisebeschränkungen angefragte Verschiebung der Buchung um ein Jahr ab.

Der BGH hat entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte gem. § 346 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung des Beherbergungsentgelts hat. Denn die Klägerin sei mit der E-Mail vom 7.5.2020 wirksam gem. § 326 Abs. 5, § 323 Abs. 4 BGB von dem Beherbergungsvertrag zurückgetreten. Der Beklagten sei es durch das in § 1 Abs. 4 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus (i.d.F. von Art. 1 der Niedersächsischen VO zur Bekämpfung der Corona-Pandemie v. 8.5.2020) enthaltene generelle Verbot einer Beherbergung von Gästen zu touristischen Zwecken im Buchungszeitraum vom 14. bis zum 16.5.2020 untersagt gewesen, die Hotelzimmer an die Klägerin und ihre Mitreisenden zu überlassen.

Der Beklagten war damit die geschuldete Leistung rechtlich unmöglich geworden (vgl. BGH v. 24.1.2024 – XII ZR 123/22, ZIP 2024, 524). Unter den hier gegebenen Umständen sei das in Rede stehende – bis zum 25.5.2020 befristete – Beherbergungsverbot einem – zur rechtlichen Unmöglichkeit führenden – dauernden Leistungshindernis gleichzustellen. Denn das Beherbergungsverbot habe die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt, weil die Klägerin mit der Buchung für einen kalendermäßig konkret bestimmten Zeitraum gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht hatte, dass sich ihr Interesse an der Nutzung der Hotelzimmer – wegen des von ihr und den Mitreisenden mit der Buchung verfolgten Zwecks einer gemeinsamen touristischen Reise – auf diese Leistungszeit beziehe. Ein weiteres Abwarten habe der Klägerin bei billiger Abwägung der Belange beider Vertragsparteien nicht zugemutet werden können. Für die Klägerin sei es wegen des wechselhaften Infektionsgeschehens im Rahmen der COVID-19-Pandemie und wegen der bisherigen Entwicklung der staatlichen Maßnahmen zu deren Bekämpfung nicht absehbar gewesen, ob das für den Buchungszeitraum verlängerte Verbot – wie in einem Stufenplan der Niedersächsischen Landesregierung vorgesehen – tatsächlich Ende Mai 2020 entfallen würde und unter welchen Bedingungen ggf. im Anschluss daran touristische Reisen einschließlich Übernachtungen in Hotels wieder erlaubt sein würden.

Die Klägerin habe bereits am 7.5.2020 wirksam zurücktreten können, obwohl die Verlängerung des Beherbergungsverbots für den Buchungszeitraum erst durch die Verordnung vom 8.5.2020 und mit Wirkung ab dem 11.5.2020 erfolgte. Gemäß § 323 Abs. 4 BGB könne ein Gläubiger bereits vor Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts – insbesondere aufgrund eines unbehebbaren Leistungshindernisses – eintreten werden. Im Hinblick auf die bis dahin erfolgte Entwicklung der pandemiebedingten Beschränkungen des öffentlichen Lebens im Frühjahr 2020 und die in dem vorgenannten Stufenplan der Niedersächsischen Landesregierung erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehenen Öffnungsschritte betreffend touristische Hotelübernachtungen habe die Klägerin im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, dass der Beklagten eine Überlassung der Hotelzimmer im Buchungszeitraum noch nicht wieder erlaubt sein würde.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.03.2024 07:49
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite