Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

EuGH: Maßgeblichkeit des Rechts am Ort des Schadenseintritts auch bei Übergang des Anspruchs

Mit Urteil vom 17.5.2023 befasste sich der EuGH (C-264/22 – Fonds de Garantie des Victimes des Actes de Terrorisme und d’Autres Infractions) mit wichtigen Kollisionsfragen des internationalen Deliktsrechts (Rom II-VO). Ein französischer Staatsbürger war beim Tauchen vor der portugiesischen Küste in die Schiffsschraube eines in Portugal registrierten Bootes geraten und von dieser schwer verletzt worden. Nach seiner Genesung klagte er vor dem Gericht in Lyon gegen einen Fonds auf Schadensersatz; es kam zu einer Einigung i.H.v. ca. 230.000 €. Nunmehr ging es darum, dass der Fonds bei der portugiesischen Versicherung des Unfallverursachers Regress reklamierte. Das Seegericht in Lissabon lehnte die Klage wegen Verjährung ab. In der Berufung berief sich der Fonds auf die Norm des Art. 19 der VO Nr. 864/2007 (Rom II-VO) und machte geltend, die Verjährung richte sich hier wegen des Forderungsübergangs nach französischem Recht als dem anzuwendenden Recht des Dritten, auf den die Forderung übergegangen sei (Art. 15 Rom II-VO). Des Weiteren trug er vor, die Verjährungsfrist sei noch nicht abgelaufen, als der Geschädigte Klage in Portugal einreichte. Doch die Versicherung beharrte darauf, portugiesisches Recht sei anwendbar und Verjährung eingetreten (Rz. 14).

Die maßgebende Vorlagefrage zielte deshalb darauf ab, ob für die Verjährung eines derartigen Schadensersatzanspruchs portugiesisches Recht als das Recht des Unfallorts maßgebend sei oder ob einem gesetzlichen Forderungsübergang das Recht des Fonds als das „Recht des Dritten“ (Art. 19 Rom II-VO), auf den die Forderung übergegangen ist, also französisches Recht, anwendbar sei.

Der Gerichtshof gelangte nach Auslegung der Regeln der Rom II-VO, insbesondere von Art. 19, zu dem Ergebnis, dass „das Recht, das für den Anspruch eines Geschädigten gegen den Schadensverursacher maßgebend ist und insbesondere die Vorschriften über die Verjährung dieses Anspruchs bestimmt, bei dem es sich grundsätzlich um das Recht des Staates handelt, in dem der Schaden eintritt, auch das Recht ist, das für den Anspruch eines Dritten maßgebend ist, auf den die Forderung des Geschädigten gegen diesen Verursacher übergegangen ist“ (Rz. 25). Art. 19 Rom II-VO, der den Forderungsübergang regelt, verfolgt – so der EuGH – nicht den Zweck, „das Recht zu bestimmen, das auf die Verjährung des Anspruchs anzuwenden ist, den ein Dritter, auf den die Forderung übergegangen ist, gegen den Schuldner im Sinne dieser Vorschrift geltend machen kann“ (Rz. 26). Entscheidend für diese Sicht ist die Erkenntnis, dass Art. 19 Rom II-VO die Rechtslage nicht ändert, sondern nur den Zweck verfolgt, durch den Forderungsübergang die Rechtsverfolgung dem Dritten zu ermöglichen (Rz. 31). Daher richtet sich die Verjährung nach dem Recht des Schadensortes, also nach portugiesischem Recht.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.05.2023 07:14
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite