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LG Gießen v. 14.4.2023 - 5 O 425/21

Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrages zwischen Gewerbetreibenden

Es ist es gängige Praxis unter Geschäftsleuten einen umfassenden Haftungsausschluss zu vereinbaren. Die enorme Wichtigkeit einer Garantievereinbarung ist nur dann verständlich und nachvollziehbar, wenn alle Beteiligten davon ausgegangen sind, dass ansonsten eine Haftung des Verkäufers für Sachmängel gerade nicht besteht. Wenn feststeht, dass die Parteien eine solche Vereinbarung getroffen haben und diese auch die vom Käufer geltend gemachten Mängel bzw. Gewährleistungsrechte erfasst, muss der Käufer die Voraussetzungen dafür darlegen und beweisen, dass der Verkäufer sich nach § 444 nicht auf die Vereinbarung berufen kann.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte als Geschäftsführer einer Baufirma am 8.4.2020 ein Fahrzeug zum Preis von 14.000 € im Autohaus der Beklagten gekauft. Der Kläger erhielt von der Beklagten eine „Rechnung“ auf der sich die folgende Eintragung fand:

„Die Lieferung erfolgt ausschließlich zu unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).“

In den AGB der Beklagten hieß es u.a.: „VI. Sachmangel

1. … Ist der Käufer eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen oder ein Unternehmer, der bei Abschluss des Vertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt, erfolgt der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche. Weitergehende Ansprüche bleiben unberührt, … insbesondere im Falle der Übernahme einer Garantie.“


Der Kläger hatte bereits zuvor Fahrzeuge bei der Beklagten – unter Ausschluss der Gewährleistung – erworben. Das Fahrzeug wies unmittelbar nach Kauf und Übernahme durch den Kläger einen Mangel aus – die Warn-Kontrollleuchte des Motors leuchtete. Das Fahrzeug wurde deshalb zum Autohaus der Beklagten zurückgebracht. Der weitere Ablauf blieb streitig. Das Fahrzeug befand sich jedenfalls noch zwei weitere Male in einer Werkstatt. Der Mangel wurde nicht behoben.

Mit Schreiben vom 11.8.2020 wurde die Beklagte zur Mangelbeseitigung und Herausgabe des Fahrzeuges bis zum 18.8.2020 aufgefordert. Die Beklagte zeigte hierauf keine Reaktion. Der Kläger erklärte sodann den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er war der Ansicht, dass ein Gewährleistungsausschluss nicht vereinbart worden sei. Jedenfalls habe er mit der Beklagten eine Garantievereinbarung vereinbart.

Das LG hat die Klage auf Rückabwicklung des PKW-Kaufvertrages abgewiesen.

Die Gründe:
Der Kläger ist nicht berechtigt, nach § 437 Nr. 2 BGB vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Der zwischen dem Unternehmen des Klägers und dem verklagten Autohaus (mündlich) geschlossene Kaufvertrag erfolgte unter Ausschluss einer Sachmangelhaftung gem. § 444 BGB. Nach den allgemeinen Beweislastregeln trägt der Verkäufer – hier die Beklagte – die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen und die Reichweite der gewährleistungsausschließenden oder -beschränkenden Vereinbarung, auf die sie sich beruft. Die Kammer war i.S.v. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO davon überzeugt, dass die Parteien eine Haftung für Sachmängel ausgeschlossen hatten. Zunächst ist es gängige Praxis unter Geschäftsleuten einen umfassenden Haftungsausschluss zu vereinbaren – dem war sich der Kläger offensichtlich bewusst. Dies wurde bereits durch seinen dahingehenden Vortrag belegt, dass er unbedingt eine „Garantie“ für das Fahrzeug habe abschließen wollen. Ein solches Begehren wäre bei bestehender Gewährleistungspflicht der Beklagten nicht nötig gewesen.

Hinzu kam, dass der Kläger bereits zuvor bei dem Beklagten Fahrzeuge unter Ausschluss der Gewährleistung erworben hatte; ihm mithin die Gepflogenheit (Haftungsausschluss) auch im Hinblick auf die Beklagte bekannt war. Die enorme Wichtigkeit einer Garantievereinbarung ist nur dann verständlich und nachvollziehbar, wenn alle Beteiligten davon ausgegangen sind, dass ansonsten eine Haftung der Beklagten für Sachmängel gerade nicht besteht. Wenn feststeht, dass die Parteien eine solche Vereinbarung getroffen haben und diese auch die vom Käufer geltend gemachten Mängel bzw. Gewährleistungsrechte erfasst, muss der Käufer – hier der Kläger – die Voraussetzungen dafür darlegen und beweisen, dass der Verkäufer sich nach § 444 nicht auf die Vereinbarung berufen kann.

Eine Arglist des Verkäufers war in diesem Fall bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger das hier im Raum stehende „Grundsymptom Kühlmittelverlust“ kannte, sodass er diesbezüglich nicht mehr getäuscht werden konnte. Dem beweisbelasteten Kläger ist es nicht gelungen, eine wirksame Garantievereinbarung i.S.d. § 443 BGB zwischen den Parteien nachzuweisen. Dabei ist die Kammer zwar davon überzeugt gewesen, dass es dem Kläger maßgeblich darauf angekommen war, eine Garantievereinbarung abzuschließen; dazu ist es jedoch mangels übereinstimmender Willenserklärungen nicht gekommen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.05.2023 12:48
Quelle: LaReDa Hessen

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