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KG Berlin v. 14.10.2022 - 22 W 43/22

Aufnahme einer Gesellschafterliste bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel

Im Rahmen der beschränkten und im Grundsatz nur auf die formellen Aspekte ausgerichteten Prüfung bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel ist grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1), eine GmbH, ist seit dem 11. April 1967 im Handelsregister Abteilung B des AG eingetragen. Sie ist zugleich einzige persönlich haftende Gesellschafterin der in Abteilung A des Handelsregisters eingetragenen M Verwaltungs GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG). Die KG wiederum wird in der zuletzt in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterliste als Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 1) ausgewiesen.

Im September 2020 reichte die Beteiligte zu 2) eine von ihr als Geschäftsführerin unterschriebene und sie als Alleingesellschafterin der Geschäftsanteile mit einem Gesamtnennbetrag von 4,5 Mio € ausweisende Gesellschafterliste vom 14. September 2020 ein. Die Beteiligte zu 2) war seit Anfang 2015 als Geschäftsführerin der Beteiligten zu 1) eingetragen, wobei sie nach der allgemeinen Vertretungsregelung zur Vertretung gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer befugt war. Seit Mai 2020 ist neben dem früheren Alleingesellschafter Dr. E M sein Sohn Prof. Dr. A M mit Alleinvertretungsbefugnis als Geschäftsführer eingetragen. Die Eintragung der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin ist in Vollzug einer Anmeldung vom 16. Juni 2020, die auch zu diesem Zeitpunkt eingereicht worden ist, am 17. September 2021 gelöscht worden.

Der frühere Alleingesellschafter der Beteiligten zu 1), der neben der Beteiligten zu 2) auch einziger weiterer Kommanditist der KG war, ist am 9. September 2020 verstorben. Die Beteiligte zu 2) streitet mit der Beteiligten zu 1) und dem Sohn des früheren Alleingesellschafters darüber, ob sie nach wie vor Geschäftsführerin ist oder wieder bestellt wurde, ob die Übertragung der Geschäftsanteile an der Beteiligten zu 1) auf die KG wirksam war oder rückabgewickelt ist und ob das Vermögen der KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durch Ausscheiden des früheren Alleingesellschafters und der Beteiligten zu 1) auf sie übergegangen ist.

Auf die Einreichung der Liste teilte das AG zunächst mit, dass die eingereichte Gesellschafterliste vom 14. September 2020 aus formellrechtlichen Gründen zu beanstanden sei. Eine Aufnahme der Liste in den Registerordner setze die Eintragung des Übergangs des Vermögens auf die Beteiligte zu 2) im Register der KG voraus. Darüber hinaus sei sie nicht von einem Geschäftsführer unterschrieben. Die gegen diese als Zwischenverfügung angesehene Anordnung gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2) hatte Erfolg, soweit das AG eine Eintragung des Vermögensübergangs im Register der KG zur Voraussetzung gemacht hat. Der Senat hat die Zwischenverfügung insoweit aufgehoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

Nachdem die Sache wieder beim AG eingegangen ist, hat es den Antrag auf Aufnahme der Gesellschafterliste vom 14. September 2020 zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem KG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die eingereichte Liste vom 14. September 2020 ist zu beanstanden, weil sie nicht von einem eingetragenen Geschäftsführer unterzeichnet ist. Die von der Beteiligten zu 2) gegen diese Auffassung erhobenen Bedenken greifen nicht durch.

Soweit die Beteiligte zu 2) aus der Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG schließt, dass ein Gesellschafter schon vor der Aufnahme der ihn als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste einen neuen Geschäftsführer bestellen können muss, der auch die Liste nach § 40 Abs. 1 GmbHG unterschreibt, ändert dies nichts. Die Auffassung der Beteiligten setzt voraus, dass der als Gesellschafter Handelnde tatsächlich auch Gesellschafter ist. Dies für eine Anwendung im Rahmen des § 40 Abs. 1 GmbHG zu unterstellen, führt zu der Verpflichtung des Registergerichts, Gesellschafterlisten auf Zuruf aufzunehmen. Dem steht schon die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entgegen, die etwa auch zu Lasten eines Erben dann angewandt wird, wenn der einzige eingetragene Gesellschafter verstorben ist. Es birgt zudem eine erhebliche Gefahr des Missbrauches in sich und wird den Zwecken des Handelsregisters nicht gerecht.

Das Handelsregister dient der Offenbarung von Tatsachen und Rechtsverhältnissen der Kaufleute und Handelsgesellschaften, die für den Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung sind. Dem Registergericht kommt insoweit eine Kontrollfunktion hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der einzutragenden Tatsachen zu. Insoweit ist es erforderlich, im Rahmen der beschränkten und im Grundsatz nur auf die formellen Aspekte gerichteten Prüfung bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist (vgl. KG, Beschluss vom 12. Juni 2018 - 22 W 15/18).

Dass die zum Zeitpunkt der Erstellung der Gesellschafterliste im September 2020 noch vorliegende Eintragung der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin nicht ausreicht, folgt aus der Tatsache, dass sie nicht zur alleinigen Vertretung der Beteiligten zu 1) befugt war und der weitere Geschäftsführer nicht mitgewirkt hat. Im Übrigen war ihre Abberufung bereits gerichtsbekannt beschlossen und angemeldet worden, die Eintragung des Ausscheidens aber noch nicht erfolgt.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Inhalts- und Verfahrensfragen der Gesellschafterliste - ein aktueller Überblick
Hartmut Wicke, NotBZ 2022, 401

Rechtsprechung:
Reichweite der Prüfungspflicht des Registergerichts in Bezug auf eine GmbH-Gesellschafterliste
zu KG vom 12.6.2018 - 22 W 15/18
NotBZ 2019, 144

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.05.2023 14:19
Quelle: Justiz Berlin online

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