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OLG Brandenburg v. 18.4.2023 - 6 W 31/23

Vorvertragliche Informationspflicht zu Garantie nur bei berechtigtem Interesse des Verbrauchers

Die vorvertragliche Informationspflicht wird nicht bereits durch das Bestehen einer Garantie als solche ausgelöst, sondern nur dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um sich zu entscheiden, ob er den Vertrag abschließt. Die bloße Erwähnung einer Garantiekarte in der Inhaltsangabe der abfotografierten Verpackung stellt kein Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages dar.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller und der Antragsgegner vertreiben Waren im Internet auf der Plattform „eBay“, darunter u.a. Rückenwärmegurte. Am 12.1.2023 hatte der Antragsgegner auf „eBay“ einen „Q. Rückenwärmegurt“ unter Verwendung des sog. “Sofort Kaufen“ - Buttons angeboten und auf der Produktseite ein Foto eingestellt. Dieses zeigte die Frontseite der Umverpackung des Produkts, auf der u.a. ein Foto des Produkts, die Bezeichnung der Ware und des Herstellers sowie drei Informationskästchen abgebildet waren. Eines dieser Kästchen in der rechten unteren Ecke der Verpackung war überschrieben mit „Inhalt“ und enthielt die Angaben: „Rückenwärmegurt, Bedienteil und Netzleitung, Bedienungsanleitung, Garantiekarte“.

Der Antragsteller war der Ansicht, mit dieser Werbung verstoße der Antragsgegner gegen §§ 3, 3a, 5a UWG i.V.m. § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246 § 1 Nr. 9 i.V.m. § 4 Abs. 1 EGBGB sowie gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. §§ 443, 479 BGB. Ihm stehe deshalb ein Anspruch auf Unterlassung nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG zu. Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung bestätigt.

Die Gründe:
Im Ergebnis zu Recht hat das LG einen Anspruch des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner auf Unterlassung nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG in Zusammenhang mit der beanstandeten Werbung verneint.

§ 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB verpflichten den Unternehmer, dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen vor Vertragsschluss Informationen über das Bestehen von Garantien zur Verfügung zu stellen. Diese stellt eine wesentliche Information i.S.v. Art. 7 Abs. 5 RL 2005/29/EG, § 5b Abs. 4 UWG in der ab dem 28.5.2022 gültigen Fassung dar. Die vorvertragliche Informationspflicht wird allerdings nicht bereits durch das Bestehen einer Garantie als solche ausgelöst, sondern nur dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um sich zu entscheiden, ob er den Vertrag abschließt.

Ein berechtigtes Interesse i.d.S. liegt vor, wenn der Unternehmer die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht, wenn also der Unternehmer die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ausdrücklich auf das Bestehen einer gewerblichen Garantie des Herstellers lenkt, um daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument herzuleiten und damit die Wettbewerbsfähigkeit oder die Attraktivität seines Angebots im Vergleich zu den Angeboten seiner Wettbewerber zu verbessern. In diesem Fall ist zu vermeiden, dass der Verbraucher durch unklare, mehrdeutige oder unvollständige Informationen über verschiedene Garantien in die Irre geführt wird und ist zu seinem Schutz die Erkenntnis sicherzustellen, von wem die Garantie stammt. Erwähnt das Angebot des Unternehmers die Garantie des Herstellers hingegen nur beiläufig oder in belangloser oder vernachlässigbarer Weise, sodass sie im Hinblick auf Inhalt und Ausgestaltung des Angebots objektiv weder als Geschäftsargument angesehen werden noch einen Irrtum beim Verbraucher hervorrufen kann, besteht keine Informationspflicht.

Infolgedessen hat das LG zu Recht entschieden, dass die inkriminierte Werbung nicht das Bestehen einer Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal des Angebots machte. Die fragliche Anmerkung war nicht Gegenstand des Angebotstextes, sondern lediglich sichtbar auf dem Foto der Umverpackung. Dort war sie Bestandteil der Inhaltsangabe der Verpackung, die in kleiner Schrift am unteren Rand aufgedruckt und auf dem Foto erst nach Vergrößerung lesbar war. Zudem stellte die inkriminierte Anmerkung lediglich einen Hinweis auf eine in der Verpackung enthaltene Garantiekarte dar, ohne dass erkennbar wurde, wer Garantiegeber war oder welche Laufzeit diese Garantie haben sollte.

Außerdem lag auch kein Verstoß gegen §§ 443, 479 BGB vor, dessen Unlauterkeit nach Maßgabe des § 3a UWG zu beurteilen wäre. Insoweit fehlte es bereits an einer die Informationspflichten des § 479 BGB auslösenden Garantieerklärung i.S.d. § 443 BGB. Die Fälle, in denen ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher eine Garantieerklärung i.d.S. abgibt, sind von einer Werbung danach abzugrenzen, ob der Unternehmer nur eine invitatio ad offerendum ausgesprochen oder aber bereits ein rechtsverbindliches Angebot i.S.d. § 145 BGB abgegeben hat und der Verbraucher damit zu entscheiden hat, ob er dieses annehmen soll. Die bloße Erwähnung einer Garantiekarte in der Inhaltsangabe der abfotografierten Verpackung stellt jedenfalls kein Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages dar.

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Aufsatz:
Irreführende Werbung mit "Klimaneutralität"
Stefan Ernst, MDR 2022, 1320

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.05.2023 08:20
Quelle: Landesrecht Brandenburg

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