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AG München v. 14.2.2023 - 161 C 12736/22

Unzulässige E-Mail-Werbung nach Erlöschen einer ursprünglich erteilten Einwilligung

Das Erlöschen einer ursprünglich erteilten Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung kann etwa anzunehmen sein, wenn in einem Zeitraum von vier Jahren ein Account, bei dessen Erstellung ein Newsletter abonniert wurde, nicht mehr genutzt und in Kenntnis hiervon auch keine weitere Werbung übersandt wurde. In einem solchen Fall muss sich der Werbende vor der neuerlichen Zusendung von E-Mail-Werbung bei dem Empfänger erkundigen, ob die ursprüngliche Einwilligung fortbesteht.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte am 11.8.2015 den M.-Newsletter der Beklagten im Zuge eine Accounterstellung abonniert. Den vorerst letzten Newsletter der Beklagten erhielt der Kläger am 21.12.2017. Am 23.12.2021 erhielt der Kläger eine E-Mail der Beklagten mit dem Betreff „Weihnachtsgruß und Info über Änderungen zum neuen Jahr“. In der E-Mail hieß es auszugsweise:

„... als Abonnent/in des Golf.de Newsletters informieren wir Sie heute über eine Änderung hinsichtlich des zukünftigen Layouts. Der Absender und Ersteller des Newsletters ist und bleibt die d g online GmbH (dgo). Sie haben den Newsletter bei der dgo kostenlos abonniert und daran wird sich auch nichts ändern. …“

Die E-Mail wies in der Fußzeile neben einem Copyright-Zeichen die d g online GmbH aus. In der Fußzeile enthalten war ebenfalls ein Link, um sich vom Newsletter abzumelden.

In der Folgezeit erhielt der Kläger weitere Newsletter aus derselben Serie. Am 3.2.2022 ließ er die Beklagte anwaltlich abmahnen. Das Schreiben enthielt eine Aufforderung, dem Kläger in Zukunft keine E-Mails werbenden Inhalts an die genannte E-Mail-Adresse ohne dessen Einwilligung zu schicken. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies darauf, der Kläger habe am 11.8.2015 und am 21.12.2017 Newsletter der Beklagten abonniert. Durch Beendigung der Mitgliedschaft in dem Club, mit dessen Mitgliedsdaten er bei m.G. registriert war, wurde er aus dem Verteiler genommen. Diese Einschränkung habe man dann ab dem 1.1.2022 aufgehoben. Die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Golf Verband sei ausgelaufen. Seit diesem Zeitpunkt könne m.G. daher die Newsletter auch Abonnenten zustellen, die keine aktuelle Clubmitgliedschaft nachweisen.

Der Kläger war der Ansicht, ihm stehe ein Unterlassungsanspruch aus einer rechtswidrigen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu. Bei allen erhaltenen E-Mail handle es sich um Werbung. Seine Einwilligung sei durch Zeitablauf erloschen.

Das AG hat der Klage überwiegend stattgegeben.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Zusendung werblicher E-Mails aus § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Die Zusendung der werblichen E-Mails erfolgte ohne Einverständnis des Klägers. Die ursprünglich erteilte Einwilligung war angesichts der Umstände des Einzelfalls infolge Zeitablaufs nicht mehr wirksam. Ob und ab wann eine ursprünglich erteilte Einwilligung nicht mehr wirksam ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und bisher nicht abschließend geklärt. Der BGH wendet sich im Grundsatz gegen das Erlöschen einer Einwilligung mit Zeitablauf. Er schränkt dies jedoch insoweit ein, als dass dies jedenfalls für die dort streitgegenständliche Regelung gelte, die sich auf höchstens zwei Jahre nach Vertragsbeendigung beziehe. In diesem überschaubaren Zeitraum sei bei einem Verbraucher von seinem fortbestehenden Interesse an Information auszugehen. In der Literatur wurde die Linie des BGH aufgegriffen, nach der zwar nicht im Grundsatz, aber nach den Umständen des Einzelfalls durchaus von einem Erlöschen der Einwilligung ausgegangen werden kann.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Einwilligung grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gilt, so war hier nach den Umständen des Einzelfalls nicht mehr von einem Fortbestehen der Einwilligung des Klägers auszugehen. Der Kläger hatte die Newsletter der Beklagten 2015 und 2017 abonniert, seinen Account auf der Website der Beklagten aber seit Dezember 2017 nicht mehr genutzt. Seitdem hatte er infolge seines Austritts aus einem Golfclub keine Newsletter mehr erhalten. Der Austritt aus dem Club und die anschließende Nichtnutzung waren der Beklagten auch bekannt. Zu berücksichtigen war daher, dass eine ausdrückliche Einwilligung zunächst zwar unstreitig vorlag. Das Abonnement war zunächst wohl mit einer Mitgliedschaft des Klägers in einem Golfclub gekoppelt. Diese Mitgliedschaft endete allerdings Ende 2017.

Als sich die internen Regelungen der Beklagten Ende 2021 änderten, hatte der Kläger seit vier Jahren weder seinen Account bei der Beklagten genutzt noch E-Mails der Beklagten erhalten. Die Beklagte hatte auch keine positive Kenntnis von einer erneuten Anmeldung des Klägers für den Newsletter oder für einen weiteren mit der Beklagten verbundenen Golfclub. Vor dem Hintergrund der erheblichen Zeit von vier Jahren sowie dem Ende der Zusendung infolge des Austritts des Klägers aus einem Golfclub durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwilligung des Klägers bestehe fort. Sie hätte sich vielmehr zunächst erkundigen müssen, ob dies noch der Fall war.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.02.2023 12:38
Quelle: Bayern.Recht

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