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LG Düsseldorf v. 22.12.2022 - 14c O 45/21

Urheberrechtsschutz: Wann liegt eine bleibende Veröffentlichung eines Werk der angewandten Kunst vor?

Bei einem Werk der angewandten Kunst i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG, das einen Unterfall des Werks der bildenden Künste darstellt, § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG genügt für ein Erscheinen i.S.v. § 6 Abs. 2 S. 2 UrhG auch, wenn das Werk oder ein Vervielfältigungsstück des Werks mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit bleibend zugänglich gemacht ist. Der bleibenden Veröffentlichung i.S.v. § 6 Abs. 2 S. 2 UrhG unterfällt insbesondere die bleibende Ausstellung im Museum einschließlich der Aufnahme in ein Museumsmagazin, nicht jedoch die nur vorübergehende Aufstellung im öffentlichen Raum oder in einer privaten Galerie als Kulisse.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein Design- und Produktionsstudio für Möbel, Wände und Raumkonzepte mit Sitz in Kanada. Sie vertreibt u.a. sog. „Softwalls“ und „Softblocks“ (eine Art Wandpolster) an internationale Kunden, wobei die Softwalls bis zu 3 m hoch sind, während Softblocks eine max. Höhe von 90 cm aufweisen. Im Mai 2004 hatte die Klägerin auf der Messe ICFF in New York eine Installation ausgestellt, für die sie mit dem „2004 ICFF Editors Awards New Designer“ ausgezeichnet wurde. Die Zeitschrift Architectural Record berichtete später davon. Die Klägerin behauptete, acht im Januar 2005 nach Deutschland gelieferten Softwalls seien ab dem 17.1.2005 in einer COR-Ausstellung in einem Einzelhandelsgeschäft in Köln ausgestellt gewesen:

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft des weltweit tätigen Chanel Konzerns und betreibt die Filialgeschäfte in Deutschland. In diesen befanden sich im Jahr 2021 Dekorationen in Form von ziehharmonikaartigen Präsentationselemente aus Papier oder Stoff. Die Klägerin hielt die Dekorationen für Nachahmungen ihrer „Softwalls“ und „Softblocks“. Sie verlangte von der Beklagten u.a. Unterlassung und Schadensersatz.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergab sich nicht aus dem Urheberrecht. Insbesondere folgte er nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG. Es fehlte bereits am Urheberrechtsschutz.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 UrhG war nicht feststellbar. Danach genießen ausländische Staatsangehörige urheberrechtlichen Schutz für ihre im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes erschienenen Werke, es sei denn, dass das Werk oder eine Übersetzung des Werkes früher als dreißig Tage vor dem Erscheinen im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes außerhalb dieses Gebietes erschienen ist. Gem. § 6 Abs. 2 S. 1 UrhG ist ein Werk erschienen, wenn mit Zustimmung des Berechtigten Vervielfältigungsstücke des Werkes nach ihrer Herstellung in genügender Anzahl der Öffentlichkeit angeboten oder in Verkehr gebracht worden sind. Bei einem Werk der angewandten Kunst i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG (wie hier), das einen Unterfall des Werks der bildenden Künste darstellt, § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG genügt für ein Erscheinen i.S.v. § 6 Abs. 2 S. 2 UrhG auch, wenn das Werk oder ein Vervielfältigungsstück des Werks mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit bleibend zugänglich gemacht ist.

Die Klägerin hatte geltend gemacht, Ihr Werk sei am 17.1.2005 durch Ausstellung im Showroom der COR in Köln in Deutschland erschienen. Auch bei Unterstellung dieses Vortrages zu Gunsten der Klägerin lag darin jedenfalls kein Angebot an die Öffentlichkeit i.S.v. § 6 Abs. 2 S. 1 UrhG in Deutschland. Danach erfordert das Erscheinen zwar grundsätzlich nicht, dass das Angebot in Deutschland stattfindet, geht es aber um den Schutz ausländischer Werke aufgrund ersten Erscheinens im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes (§ 121 Abs. 1 UrhG), so muss das Angebot an die Öffentlichkeit im Inland stattfinden. Aus der Ausstellung als Kulisse in einem COR-Showroom kann jedenfalls ohne weiteren Vortrag nicht von einem in Deutschland erfolgten Angebot an die Öffentlichkeit ausgegangen werden.

Selbst wenn in der Ausstellung in Köln ein Erscheinen durch bleibendes Zugänglichmachen i.S.v. § 6 Abs. 2 S. 2 UrhG liegen würde, woran allerdings Zweifel bestehen, wären die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 UrhG nicht erfüllt. Denn nach § 6 Abs. 2 S. 2 UrhG gilt ein Werk der bildenden Künste auch dann als erschienen, wenn das Original oder ein Vervielfältigungsstück des Originals der Öffentlichkeit bleibend zugänglich gemacht ist. Auf Grundlage des Klägervortrags war allerdings schon zweifelhaft, ob in der Ausstellung als Kulisse in einem Möbelgeschäft ein bleibendes Zugänglichmachen im Sinne der Norm liegt. Der bleibenden Veröffentlichung unterfällt insbesondere die bleibende Ausstellung im Museum einschließlich der Aufnahme in ein Museumsmagazin, nicht jedoch die nur vorübergehende Aufstellung im öffentlichen Raum oder in einer privaten Galerie.

Ein Urheberrechtsschutz aufgrund erstmaligen Erscheinens in Deutschland ist nach § 121 Abs. 1 UrhG überdies allerdings dann ausgeschlossen, wenn das Werk früher als dreißig Tage vor dem Erscheinen im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes außerhalb dieses Gebietes erschienen ist. Und so lag der Fall hier. Denn jedenfalls dann, wenn in der Ausstellung in Köln ein ausreichendes bleibendes Zugänglichmachen lag, lag auch in der Ausstellung auf der ICFF im Mai 2004 in New York ein solches bleibendes Zugänglichmachen. Im Gegensatz zu einer Ausstellung als Kulisse in einem Möbelgeschäft ist bei der Ausstellung auf einer Messe, auf der die Installation einen Preis gewinnt, davon auszugehen, dass eine Abbildung der Installation Aufnahme in den Messekatalog bzw. in die Messeberichterstattung findet, so dass sie der Öffentlichkeit bleibend (und mit Zustimmung des Berechtigten) zugänglich gemacht ist. Ein weiteres bleibendes Zugänglichmachen lag zudem in der Veröffentlichung in der Zeitschrift Architectural Record im September 2004.

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Aufsatz:
Das Einheitspatentsystem
Aloys Hüttermann, IPRB 2022, 213

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.02.2023 16:33
Quelle: Justiz NRW

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