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OLG Karlsruhe v. 20.12.2022 - 17 U 151/21

Sparbuch: Keine (erneute) Auszahlung einer Spareinlage nach vorhergehender Auflösung

Eine Bankkundin kann von ihrem Geldinstitut trotz Vorlage eines Sparbuchs keine Auszahlung einer Spareinlage von 70.100 € verlangen, wenn die Bank das Sparbuch bereits Jahre zuvor auf telefonische Weisung des dazu bevollmächtigten Ehemannes aufgelöst und das Sparguthaben anschließend gutgeschrieben hat.

Der Sachverhalt:
Im Jahr 1992 eröffnete die Klägerin bei der beklagten Bank ein Sparkonto. Als letzte Eintragung in ihrem Sparbuch ist am 21.3.1997 eine Zinsgutschrift von rd. 2.640 DM zum 30.12.1996, eine Bareinzahlung von rd. 33.200 DM sowie ein Guthaben von 100.000 DM ausgewiesen. Die Klägerin kündigte im Januar 2020 den Sparvertrag, legte der Beklagten das nicht entwertete Sparbuch vor und verlangte die Auszahlung von 70.100 €.

Die Beklagte machte demgegenüber geltend, sie habe das Sparbuch am 16.4.1998 auf telefonische Weisung des dazu bevollmächtigten Ehemannes der Klägerin aufgelöst, das damalige Guthaben samt aufgelaufener Zinsen auf dem ebenfalls bei ihr geführten Girokonto der Klägerin als Bareinzahlung verbucht und den Betrag anschließend für die Klägerin und ihren Ehemann jeweils hälftig als Festgeld angelegt.

Das LG wies die Klage ab. Nach Vernehmung der damaligen Bankmitarbeiter stehe fest, dass das Guthaben am 16.4.1998 ausgezahlt und damit der Anspruch der Klägerin aus dem Sparvertrag erfüllt wurde. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer beim BGH anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Gründe:
Eine Bank darf zwar nicht schon deshalb die Auszahlung des in einem Sparbuch dokumentierten Guthabens verweigern, weil lange Zeit keine Eintragungen in dem Sparbuch vorgenommen wurden und die handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten abgelaufen sind. Vielmehr muss das Kreditinstitut auch in solchen Fällen beweisen, dass die Auszahlung des Sparbetrags bereits erfolgt ist. Die Unrichtigkeit eines Sparbuchs kann die Bank dabei nicht allein mit ihren internen Unterlagen nachweisen. Kommen jedoch weitere Umstände hinzu, kann dies zum Beweis genügen.

Dazu gehört vorliegend insbesondere der Eingang eines Betrages, der exakt der auf dem Sparkonto einschließlich Zinsen vorhandenen Sparsumme entspricht, auf einem anderen Konto der Berechtigten. Die von der Klägerin geäußerte Vermutung, diese auf ihrem Konto verbuchte Bareinzahlung vom 16.4.1998 stamme aus gesammelten Bareinnahmen des damals von den Eheleuten betriebenen Obsthandels, hat nicht zu Zweifeln an den von der Bank zu den Buchungsvorgängen vorgelegten Unterlagen geführt.

Darüber hinaus haben Zeugen, nämlich die damaligen Bankmitarbeiter, die Richtigkeit der bankinternen Dokumente bestätigt. Danach hatte der von der Klägerin bevollmächtigte Ehemann telefonisch die Auflösung des Sparbuchs, die Auszahlung auf das Girokonto und die anschließende Anlage als Festgeld beauftragt. Eine erneute Auszahlung des Geldes kann nicht verlangt werden.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Verwirkungsrechtliche Schranken von Ansprüchen auf Zinsanpassung bei sog. Prämiensparverträgen
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Aufsatz:
Die zeitlichen Grenzen der Zinsnachforderung bei unwirksamen Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen – Rechtsprechung gegen das Gesetz
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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.02.2023 13:52
Quelle: OLG Karlsruhe PM Nr. 4 vom 1.2.2023

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