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OLG Köln v. 4.11.2022 - 6 U 183/21

Streit um hölzerne Spieltürme: Wann ist eine Unlauterkeit begründet

Die Art und Intensität der Übernahme kann nicht alleine damit begründet werden, dass auch die Gestaltung der Beklagten eine lichte, solide und kompakt wirkende Gestaltung vertreiben. Dies genügt nicht, um die Unlauterkeit zu begründen, denn diese ästhetische Wirkung kann auf unterschiedliche Weise erzielt werden.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin stellt - wie die Beklagte - hölzerne Spieltürme für den Außenbereich her und vertreibt sie im Inland über ihren Internetshop. Sie hat behauptet, dass sie die Spieltürme bereits lange vor der Beklagten angeboten habe und ihre Spieltürme wettbewerblich eigenartig seien. Die Eigenart sei dadurch gesteigert, dass sie mit ihrem Spielturmprogramm im Inland einen hohen siebenstelligen Umsatz erreicht habe. Sie habe zudem erhebliche Aufwendungen für Website-Pflege, Suchmaschinenoptimierung sowie Werbeaufwendungen unternommen habe. Der Erfolg dieser Maßnahmen zeige sich in einer hohen Anzahl an Followern in sozialen Medien.

Die Klägerin hielt die Produkte der Beklagten für Nachahmungen, die unlauter seien, weil sie geeignet seien, über die betriebliche Herkunft zu täuschen und die Wertschätzung der Originale auszunutzen. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Unterlassungsantrag nicht hinreichend bestimmt sei. Das OLG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der Klägerin steht weder ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 3 a) noch ein solcher nach § 8 Abs. 1 UWG, 3 Abs. 1; 4 Nr. 3b UWG zu.

Der Senat hält zwar an seiner in mehreren weiteren Entscheidungen vertretenen Ansicht fest, dass die Ausgangsprodukte der Klägerin wettbewerblich eigenartig sind. Daraus folgt, dass der Darstellung der Beklagten, dass den Produkten jede wettbewerbliche Eigenart fehlt, nicht zu folgen ist. Es handelt sich bei den Spieltürmen insbesondere nicht um technisch vorbestimmte Konstruktionen, bei denen jede Abweichung ausgeschlossen ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Senat aber auch stets betont, dass die Eigenart aufgrund des engen Gestaltungsspielraums, der von mehreren Unternehmen verwendeten Gestaltungsgrundidee aus zentralem Turm mit angesetzten Spielgeräten, wie Rutsche, Kletterseil und Schaukel nur gering ist. Die wettbewerbliche Eigenart der klägerischen Konstruktion ist weder gemindert noch aufgrund Bekanntheit gesteigert. Auch bei Berücksichtigung einer gewissen Bekanntheit der Produkte der Klägerin, die aufgrund der dargestellen Umsatz- und Werbeaufwendungen sowie Social-Media-Erfolgen unterstellt werden mag, ist aufgrund des engen wettbewerblichen Umfeldes und der vielfach praktizierten Grundanlage der Spieltürme von einer geringen wettbewerblichen Eigenart auszugehen. Auch das entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats.

Auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3 a UWG) liegt nicht vor. Für den angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und kritischen durchschnittlichen Verbraucher, auf den es ankommt, kommt es jedenfalls nicht zu einer erheblichen Täuschungsgefahr. Bei einer nachschaffenden Übernahme liegt die Gefahr einer Herkunftstäuschung nur nahe, wenn ergänzende Umstände vorliegen, die entweder auf eine mittelbare Beziehung zwischen den Unternehmen hinweisen oder die die Gefahr begründen, dass der Verkehr das Nachahmerprodukt dem Hersteller des nachgeahmten Produkts zuschreibt. Mittelbare Beziehungen dürfen nicht unterstellt werden, für sie müsste es einen Anhaltspunkt geben.

Gegen eine Verwechslungsgefahr spricht zudem, dass die Produkte der Klägerin nur geringe, nicht durch Bekanntheit gesteigerte Eigenart aufweisen und nicht direkt übernommen wurden. Hinzu kommt, dass diese Produkte mit einer eigenen Marke gekennzeichnet sind, die Produkte der Beklagten jedoch keine solche Kennzeichnung aufweisen. Die Übernahme der Grundidee (zentrales Turmelement mit anliegenden Geräten) ist nicht geeignet, Herkunftserwartungen zu begründen, weil diese Idee frei ist und auch zum Standardrepertoire von Spieltürmen gehört. Die Art und Intensität der Übernahme kann nicht alleine damit begründet werden, dass auch die Gestaltung der Beklagten eine lichte, solide und kompakt wirkende Gestaltung vertreiben. Dies genügt nicht, um die Unlauterkeit zu begründen, denn diese ästhetische Wirkung kann auf unterschiedliche Weise erzielt werden und sie wird es auch im hier zu beurteilenden Fall.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.11.2022 15:34
Quelle: Justiz NRW

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