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OLG Düsseldorf v. 5.7.2022 - 24 U 5/21

Kein Mitverschulden des Vermieters wegen vermeintlich ungünstiger Versicherung eines hochwertigen Mietgegenstandes

Es ist anerkannt, dass selbst aus der Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers keine grundsätzliche Verpflichtung folgt, für Kraftfahrzeuge, die dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden, eine Kaskoversicherung abzuschließen. Entsprechendes gilt für einen Mieter (hier: eines Teleskopladers), zumal dieser einen vergleichbaren Fürsorgeanspruch gegenüber dem Vermieter nicht hat. Grundsätzlich ist in einer Marktwirtschaft jede Seite für ihren Überblick über die Marktverhältnisse und die für sie vertragsrelevanten Informationen und deren Beschaffung selbst verantwortlich.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Teleskopradladers, den sie 2017 als Neugerät mit Arbeitsbühne und Gabelzinken für 179.000 € netto erworben hatte. Der Beklagte hat das Gerät im August 2017 telefonisch angemietet. Der für den Beklagten tätige Mitarbeiter, Herr B., der auch zuvor mehrere Jahre bei der Klägerin als Angestellter tätig war, sandte am selben Tag eine E-Mail zur Bestätigung, u.a. mit der Angabe: „Versicherung: inklusive“. Neben einer Lieferanschrift einer Baustelle war in der E-Mail eine Kontaktperson (Herr D.) und eine Mobilfunknummer angegeben. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Mietbedingungen der Klägerin zu Grunde.

Die Anmietung hat der Beklagte im Hinblick auf die Bestellung eines Herren „…. D.“, der angegeben hatte für die „E. GmbH“ mit Firmensitz in Berlin tätig zu sein, vorgenommen. Die Klägerin lieferte das Gerät am vereinbarten Ort aus, wo das Mietobjekt zwischen dem 21. und 22.8.2017 verschwand. Das Ermittlungsverfahren brachte zu Tage, dass der Täter nicht zu ermitteln sei, weil es sich bei den Personalien des Herrn D. um eine Falschangabe gehandelt habe und die „E. GmbH“ weder über ein Büro noch über einen Briefkasten verfügte. Der Teleskoplader samt Zubehör wurden nicht mehr aufgefunden.

Die Klägerin hatte den Teleskopradlader zwar versichert. Allerdings betrug der Selbstbehalt 25 %. Sie einigte sich mit der Versicherung auf eine Pauschalerstattung von 125.000 €. Ihren Schaden hat die Klägerin erstinstanzlich mit 44.750 € beziffert. Sie behauptete, ihrem Mitarbeiter sei bei Abschluss des Vertrages nicht mitgeteilt worden, dass der Teleskoplader untervermietet werde. Der Beklagte behauptete, sein Mitarbeiter sei nicht über die Höhe des Selbstbehalts von 25 % informiert worden. Eine derart hohe Selbstbeteiligung sei auch nicht branchenüblich. Die Klägerin entgegnete, ihre Mietbedingungen seien dem Beklagten vor Abschluss des Vertrages, auch aus vorangegangenen Mietverhältnissen, bekannt gewesen.

Das LG hat den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 32.000 € verurteilt. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Beklagte ist seiner mietvertraglichen Verpflichtung zur Rückgabe des Teleskopladers samt Zubehör zum Ende der Mietzeit aus § 546 BGB schuldhaft nicht nachgekommen und schuldet deshalb gem. §§ 280, 281, 286 BGB Schadensersatz.

Unerheblich war, ob der Mitarbeiter der Klägerin vom Mitarbeiter des Beklagten im Zuge der telefonischen Anmietung über die beabsichtigte Untervermietung unterrichtet worden war. Denn der Beklagte musste sich das rechtswidrige Verhalten seines Untermieters, der den Teleskoplader unterschlagen hatte, zurechnen lassen. Die Haftung des Mieters gem. § 540 Abs. 2 BGB erstreckt sich auf alle Handlungen des Untermieters. Ebenfalls unerheblich war, ob die Mietbedingungen der Klägerin Vertragsbestandteil geworden und wirksam waren. Dort war geregelt, dass der Mieter bei schuldhafter Unmöglichkeit zur Rückgabe des Mietgegenstands zum Schadensersatz verpflichtet ist. Und dies entspricht der gesetzlichen Regelung.

Der Klägerin konnte kein Mitverschulden an der Höhe des eingetretenen Schadens gem. § 254 Abs. 2 BGB vorgeworfen werden. Unerheblich war, dass sie eine Versicherung mit einer hohen Selbstbeteiligung abgeschlossen hatte. Sie war zu einer Versicherung ihrer Mietobjekte grundsätzlich noch nicht einmal verpflichtet. Denn es ist anerkannt, dass selbst aus der Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers keine grundsätzliche Verpflichtung folgt, für Kraftfahrzeuge, die dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden, eine Kaskoversicherung abzuschließen. Entsprechendes gilt für einen Mieter, zumal dieser einen vergleichbaren Fürsorgeanspruch gegenüber dem Vermieter nicht hat. Infolgedessen konnte es kein Mitverschulden begründen, dass die Klägerin eine Versicherung zu - wie vom Beklagten behauptet - ungünstigen Konditionen abgeschlossen hatte.

Zuletzt war auch dem Mitarbeiter der Klägerin kein Mitverschulden durch eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, die gem. §§ 280 Abs. 1 S. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 241 Abs. 2 BGB zu einer Freistellung vom Schadensersatzanspruch geführt hätte. Selbst wenn man gleichwohl mit dem Beklagten davon ausginge, Herr B. habe die Konditionen nicht gekannt, so resultierte daraus keine Aufklärungspflicht des Mitarbeiters der Klägerin. Denn grundsätzlich ist in einer Marktwirtschaft jede Seite für ihren Überblick über die Marktverhältnisse und die für sie vertragsrelevanten Informationen und deren Beschaffung selbst verantwortlich. Sie hat zudem das Risiko zu tragen, dass sie nicht alle vertragsrelevanten Informationen ermittelt hat. Denn derjenige, der einen Vertrag abschließt, muss sich selbst vergewissern, ob dieser für ihn von Vorteil ist, erst recht im kaufmännischen Bereich.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.10.2022 08:58
Quelle: Justiz NRW

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