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LG Essen v. 2.12.2021 - 43 O 112/20

Falsche Angabe zur Bezugsgröße beim Grundpreis stellt Verstoß gegen UWG dar

Gem. § 2 Abs. 1 PAngV hat derjenige, der Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig Waren in Fertigpackungen anbietet, neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben. Dies gilt auch für denjenigen, der als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte hatte im September 2020 u.a. in ihrem Prospekt „51 Jahre Beste Preise – Rotstift Wochen“ für das Produkt „K Kaffee 500g“ geworben. Als Bezugspreis war dort jeweils angegeben „(0,60 €/100 g)“. Außerdem hatte sie in diesem Prospekt für das Produkt „LED-DISCO_LEUCHTMITTEL FSM“ geworben ohne die Energieeffizienzklasse anzugeben.

Der klagende Wettbewerbsverein hielt die Werbemaßnahmen der Beklagten für wettbewerbswidrig. Da im vorliegenden Fall Kaffeepulver in einer 500g-Packung beworben würde, seien die gewöhnlichen Verpackungsgrößen von Kaffeepulver, nicht hingegen diejenigen für Kaffee-Pads oder Kaffee-Kapseln relevant. Bei der beworbenen Diskoleuchte handele es sich um ein Leuchtmittel/eine Lampe i.S.d. VO (EU) 2019/2015 bzw. der VO (EU) 874/2012. Danach sei die Aussendung von ausschließlich weißem Licht keine Voraussetzung für die Annahme eines Leuchtmittels bzw. einer Lampe. Darüber hinaus enthielten die genannten Verordnungen keine Definition bzw. keine Ausnahmen für sog. Dekorationsartikel.

Die Beklagte war der Ansicht, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Für ein etwaiges Wettbewerbsverhältnis sei der „Vertrieb von Möbeln im Discountbereich“ entscheidend. Zu den Mitgliedern des Beklagten gehörten jedoch Unternehmen der Lebensmittelbranche, insbesondere drei Lebensmittelfilialbetriebe.

Das LG gab der Unterlassungsklage im vollen Umfang statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Werbung für Kaffee in Fertigpackungen wie in dem Prospekt aus September 2020 aus § 8 Abs. 1 UWG. Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt. Dem eingetragenen Kläger gehört eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Dabei ist der sachlich und örtlich relevante Markt nach Auffassung des Gerichts der bundesweite Lebensmittelhandel.

Die hier in Rede stehende Werbung für den Kaffee entspricht nicht der unternehmerischen Sorgfalt und ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers zu beeinflussen. Gem. § 2 Abs. 1 PAngV hat derjenige, der Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig Waren in Fertigpackungen anbietet, neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben. Dies gilt auch für denjenigen, der als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, § 2 S. 2 PAngV. Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Waren, § 3 Abs. 1 S. 1 PAngV. Bei Waren, deren Nenngewicht üblicherweise 250 Gramm nicht übersteigt, dürfen als Mengeneinheit für den Grundpreis 100 Gramm verwendet werden, § 2 Abs. 3 S. 2 PAngV.

Vorliegend hat die Beklagte als Grundpreis die Mengeneinheit „100 Gramm“ für den von ihr verkauften K Kaffee angegeben. Da Kaffeepulver offenkundig am Markt zumeist in 500 g-Packungen verkauft wird, musste die Beklagte jedoch als Grundpreis „1 Kilogramm“ angeben. Dieser einheitliche Grundpreis ermöglicht es dem Endverbraucher, den Preis unterschiedlicher Kaffeepulver ohne weitere Berechnungen miteinander vergleichen zu können. Demgegenüber kann dahinstehen, in welchen Füllmengen Kaffeepads oder Kaffeekapseln veräußert werden, da diese für andere Kaffeemaschinen verwendet werden und deshalb ein anderes Marktsegment betreffen.

Der Kläger hat gegen die Beklagte zudem einen Anspruch auf Unterlassung der Werbung für LED-Disko-Leuchtmittel wie in dem Prospekt aus September 2020 aus § 8 Abs. 1 UWG. Die Werbung entspricht nicht der unternehmerischen Sorgfalt und ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher zu beeinflussen. Dadurch, dass sie keine Energieeffizienzklasse angibt, verstößt sie gegen verbraucherschützende Vorschriften. Gem. Art. 6 Abs. 1 a) Rahmenverordnung zur Energieverbrauchskennzeichnung [VO (EU) 2017/1369] müssen Lieferanten und Händler in visuell wahrnehmbarer Werbung für ein bestimmtes Modell auf die Energieeffizienzklasse des Produkts und das Spektrum der auf dem Etikett verfügbaren Effizienzklassen gemäß dem einschlägigen delegierten Rechtsakt hinweisen.

Dabei bezeichnet „Lampe“ eine Einheit, deren Leistung unabhängig geprüft werden kann und aus einer oder mehrerer Lichtquellen besteht, Art. 2 Ziff. 4 VO (EU) 874/2012. Hingegen gilt die Verordnung nicht für „Lampen“ und „LED-Module“, die für Anwendungen vermarktet werden, deren primärer Zweck nicht die Beleuchtung ist, wie das Aussenden von Licht als Agens in chemischen oder biologischen Prozessen, wie die Bildaufnahme und Bildprojektion, die Wärmeerzeugung und die Signalgebung, Art. 1 Abs. 2 c) VO (EU) 874/2012. Unter die genannten Ausnahmen fallen die LED-Disko-Leuchtmittel im vorliegenden Fall allerdings nicht. Dass sie nicht ausschließlich weißes Licht aussenden, ist unerheblich. Auch bei einem LED-Disko-Leuchtmittel kann die Leistung geprüft werden und es besteht aus einer oder mehrerer Lichtquellen. Dies gilt auch für die ebenfalls beworbenen „üblichen“ LED-Leuchtmittel.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.04.2022 15:37
Quelle: Justiz NRW

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