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Auswirkungen des MoPeG auf die anwaltliche Gestaltungs- und Beratungspraxis (Otte, ZIP 2021, 2162)

Nach jahrelangen und intensiven Diskussionen hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts auf seiner Sitzung vom 24./25.6.2021 geräuschlos verabschiedet. Die größte Reform des Personengesellschaftsrechts seit Verabschiedung des HGB im Jahr 1897 wird damit zum 1.1.2024 Rechtswirklichkeit. Der nachfolgende Beitrag erläutert, welche Auswirkungen sich hieraus für die anwaltliche Gestaltungs- und Beratungspraxis ergeben.

I.  Einleitung
II.  Gestaltungsbedarf bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

1.  Gestaltung des Gesellschaftsvertrags
1.1  Gründung der GbR; Beteiligungsverhältnisse
1.2  Geschäftsführung und Vertretung
1.3  Beschlussfassung im Gesellschafterkreis, Beschlussanfechtung
1.4  Ausscheiden von Gesellschaftern; Wechsel im Gesellschafterbestand
2.  Das neue Gesellschaftsregister
III.  Gestaltungsbedarf im Recht der Personenhandelsgesellschaften
1.  Allgemeine Regelungen zu den Personenhandelsgesellschaften
1.1  Gründung der Personenhandelsgesellschaft, Beteiligungsverhältnisse
1.2  Geschäftsführung und Vertretung
1.3  Beschlussfassung im Gesellschafterkreis, Gesellschafterversammlungen
1.4  Beschlussmängelrecht
1.5  Ausscheiden von Gesellschaftern, Wechsel im Gesellschafterbestand
2.  Besonderheiten im Recht der KG
2.1  Informationsrechte des Kommanditisten, § 166 Abs. 1 HGB n. F.
2.2  Einheits-GmbH & Co. KG
2.3  Unbeschränkte Kommanditistenhaftung, § 176 HGB n. F.
2.4  Insolvenz der persönlich haftenden Gesellschafterin
IV.  Fazit


I.  Einleitung

Mit dem am 24./25.6.2021 verabschiedeten „Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts“ (MoPeG) ist eine Diskussion an ihr Ende gekommen, die das deutsche Gesellschaftsrecht in den vergangenen 18 Monaten (und auch schon zuvor) intensiv geführt und begleitet hat. Sowohl der im April 2020 vorgelegte „Mauracher Entwurf“ der von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission als auch der Regierungsentwurf des MoPeG waren Gegenstand zahlreicher Publikationen. Der Grundtenor der Stellungnahmen war überwiegend positiv; lediglich einige wenige Autoren äußerten Fundamentalkritik, andere gemahnten stellenweisen Verbesserungsbedarf. In die Beratungen des Rechtsausschusses sind diese Anregungen weitestgehend nicht mehr eingeflossen; das Gesetz wurde mit nur wenigen Änderungen beschlossen. Die größte, auf der Zielgerade noch vorgenommene Änderung war nicht rechtlich, sondern politisch motiviert: Auf Druck der Länder wurde der Stichtag für das Inkrafttreten um ein Jahr auf den 1.1.2024 verlegt, um den Verwaltungen mehr Zeit für die Einrichtung des neuen Gesellschaftsregisters zu geben. Im Gegenzug verzichtete der Bundesrat darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

In der Summe ist die Erleichterung groß, dass das Gesetz noch rechtzeitig vor Schluss der Legislaturperiode verabschiedet wurde. Die Reformbedürftigkeit des Personengesellschaftsrechts stand außer Frage und wurde auch von den Kritikern des Regierungsentwurfs nicht in Abrede gestellt. Jede Reform wäre besser gewesen als keine. Und das MoPeG ist in der Gesamtschau sogar ein sehr gutes Gesetz geworden. Sicherlich hätte man sich an der ein oder anderen Stelle etwas mehr Reformelan gewünscht. Ob sich aber die nächste Bundesregierung, egal in welcher Zusammensetzung, dieses Themas ein weiteres Mal angenommen und gar eine neue Kommission eingesetzt hätte, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Auch der Verfasser hat sich daher bei seiner Anhörung als Sachverständiger vor dem Rechtsausschuss – wie nahezu alle angehörten Experten – für die Verabschiedung des Gesetzes eingesetzt.

Da das MoPeG in weiten Teilen einen minimalinvasiven Ansatz verfolgt, bleiben indes zahlreiche Fragen weiterhin ungelöst. Die Kautelarpraxis ist, soviel lässt sich jetzt schon feststellen, im Personengesellschaftsrecht nicht arbeitslos geworden. Im Gegenteil besteht auch nach dem 1. 1. 2024 ein erheblicher Gestaltungsbedarf in der täglichen Handhabung von Personengesellschaften. Im Folgenden soll analysiert werden, welche Aufgaben das MoPeG dem Kautelarjuristen abgenommen hat, welche ihm verbleiben und welche durch die Neuregelungen erst hinzugekommen sind.

II.  Gestaltungsbedarf bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

1.  Gestaltung des Gesellschaftsvertrags

Auch wenn eine GbR (ebenso wie eine oHG) ohne eigene Vertragsdokumentation wirksam gegründet werden kann, dürfte doch die ganz überwiegende Mehrzahl der GbR, die im Rechtsverkehr als solche auftreten, über einen schriftlich niedergelegten Gesellschaftsvertrag verfügen. Die Notwendigkeit vertraglicher Vereinbarungen ergab sich bislang schon daraus, dass die §§ 705 ff. BGB a.F. eher die Gelegenheits- und Innengesellschaft in Blick haben und daher kaum passende Regelungen für eine Außengesellschaft bereit halten. Dagegen stellt das neue Recht nunmehr konsequent auf das gesetzliche Leitbild der Außengesellschaft ab. Dennoch wird der Gestaltungsbedarf durch das MoPeG kaum geringer.

1.1  Gründung der GbR; Beteiligungsverhältnisse
Bei jedem Gründungsvorgang stellen sich folgende zentrale Fragen: Welchen Zweck soll die Gesellschaft verfolgen und was ist Gegenstand ihres Unternehmens? Wer soll Gesellschafter sein? Welche Einlage soll jeder Gesellschafter erbringen? Mit welchem Anteil soll jeder Gesellschafter beteiligt sein?

Mit der Frage nach dem Unternehmensgegenstand ist zwingend die Entscheidung verbunden, ob die Gesellschaft als solche am Rechtsverkehr teilnehmen oder ob sie sich auf die Regelung der inneren Verhältnisse beschränken soll. Diese Frage ist künftig auch deswegen von wesentlicher Bedeutung, weil nach dem MoPeG für die Außengesellschaft ein anderes Regelungsregime greift als es für die Innengesellschaft der Fall ist. Nur die in den § 740 Abs. 2, § 740b Abs. 2, BGB n. F. und ggf. § 740c Abs. 2 BGB n. F. genannten Vorschriften finden explizit auch für ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.10.2021 16:55
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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