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Zum Kündigungsrecht der Sparkasse gem. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen nach BGH XI ZR 26/20 (Habersack, ZIP 2021, 1837)

Das Urteil des XI. Zivilsenats des BGH vom 27. 4. 2021 zur Unwirksamkeit des AGB-Vertragsänderungsmechanismus wirft die – mit Blick auf das anhaltende Niedrig- bzw. Negativzinsumfeld brisante – Frage auf, ob die Sparkasse von ihrem Kündigungsrecht gem. Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK Gebrauch machen kann, obgleich die derzeit geltende Fassung der Klausel auf Grundlage des nun vom BGH verworfenen Vertragsänderungsmechanismus implementiert worden ist, um der vom Senat mit Urteil vom 5.5.2015 beanstandeten Intransparenz der zuvor geltende Klauselfassung Rechnung zu tragen. Der Beitrag bejaht die Möglichkeit einer unabhängig vom AGB-Vertragsänderungsmechanismus erfolgenden stillschweigenden Einbeziehung der geänderten Kündigungsklausel und geht zudem der Frage eines gesetzlichen Kündigungsrechts der Sparkasse nach.


I. Einführung

1. Ausgangslage

2. Fragestellung

II. Zur Frage eines Kündigungsrechts der Sparkasse nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK

1. Mögliche Einbeziehung der Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK auch unabhängig vom Vertragsänderungsmechanismus

1.1 Änderung von AGB im Allgemeinen

1.2 Kein abschließender Charakter des AGB-Vertragsänderungsmechanismus

2. Anforderungen an das konkludent erklärte Einverständnis des Kunden im Allgemeinen

3. Durchführung

3.1 Konkludentes Einverständnis des Kunden

3.2 Besonderheiten bei Änderung eines Zahlungsdiensterahmenvertrags

3.3 Jedenfalls: § 242 BGB

III. Zur Frage eines gesetzlichen Rechts zur ordentlichen Kündigung

1. Überblick

2. Zahlungsdiensterahmenverträge

3. Sonstige Geschäftszweige, insbesondere Prämiensparverträge

IV. Wesentliche Ergebnisse

1. Zur Frage eines Kündigungsrechts der Sparkasse gem. Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK

2. Zur Frage eines gesetzlichen Kündigungsrechts der Sparkasse


I. Einführung

1. Ausgangslage


Nach Nr. 26 Abs. 1 Satz 1 AGB-SpK in ihrer seit Oktober 2015 geltenden Fassung können der Kunde und bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist. Nr. 26 Abs. 1 Satz 2 AGB-SpK ergänzt dies dahingehend, dass die Sparkasse, wenn sie kündigt, den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen wird. Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrags beläuft sich die Kündigungsfrist nach Nr. 26 Abs. 1 Satz 3 AGB-SpK auf mindestens zwei Monate.

Die derzeit geltende Fassung der Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK trägt dem Urteil des XI. Zivilsenats des BGH vom 5.5.2015 Rechnung, wonach Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK in der Fassung vom 1. 11. 2009, soweit sie das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung betraf, wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB gegenüber Verbrauchern unwirksam sein sollte. Konkret beanstandet hatte der Senat, dass das für eine Kündigung durch die als Anstalt des öffentlichen Rechts verfasste Sparkasse geltende Erfordernis eines sachgerechten Grundes in der Klausel nicht hinreichend transparent zum Ausdruck gekommen war.

Wiederum der XI. Zivilsenat des BGH hat sodann in seinem Urteil vom 14.5 2019 der seit Oktober 2015 geltenden Fassung der Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK die Vereinbarkeit mit § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bescheinigt und der Sparkasse deshalb die auf diese Klausel gestützte Kündigung eines am 17.5.1996 geschlossenen Sparvertrags gestattet:

„Der Beklagten (scil.: der Sparkasse) stand aber nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ein Recht zur ordentlichen Kündigung aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen zu.

a) Die Klausel begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Sie macht nach Maßgabe des Urteils des Senats vom 5. Mai 2015 (XI ZR 214/14, BGHZ 205, 220, Rz. 10 ff.) die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, vom Vorliegen eines sachgerechten Grundes abhängig (…).

b) Entgegen der Ansicht der Revision umfasst Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen auch die Kündigung eines einzelnen Sparvertrags. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich nichts Gegenteiliges. Neben der Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung erlaubt sie auch die Kündigung „einzelne(r) Geschäftszweige“, worunter ohne weiteres auch einzelne Vertragsbeziehungen zu verstehen sind (…).“


Zur Frage der Einbeziehung der Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK in den streitgegenständlichen Vertrag brauchte sich der XI. Zivilsenat des BGH im Urteil vom 17. 5. 2019 nicht zu äußern. Hingegen hat das OLG Naumburg als Vorinstanz explizit ausgeführt, dass Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK wirksam in den Vertrag einbezogen worden sei. 6 Tatsächlich ist Nr. 26 Abs. 1 AGB-SpK allerdings (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.09.2021 12:32
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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