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Aktuell in der ZIP

Es kreißten die Berge....... (Graf von Westphalen, ZIP 2021, 435)

Mag sein, dass dieses Wort, an dessen Ende ja bekanntlich nur die Geburt eines kleinen, nach diesem geflügelten Wort „lächerlich“ zu nennenden Mäusleins steht, für den deutschen Gesetzgeber in den so trüben Zeiten der Corona-Pandemie schon ein beträchtliches Kompliment ist. Denn schließlich erschlagen ja Verwaltung wie Parlament schon seit Monaten die immense Last an neuen Gesetzen, Verordnungen und Erlassen, die allesamt der Durchsetzung der Kontaktsperren im Rahmen des Lockdowns, aber auch der finanziellen Abfederung der drohenden Kollateralschäden in Gesellschaft und Wirtschaft geschuldet sind. Doch wenn es um die von der Bundesrepublik nach den verbindlichen Vorgaben der UN geforderte Durchsetzung der Menschenrechte entlang der globalen Lieferketten gehen soll – Zwangsarbeit, Kinderarbeit, unmenschliche Arbeitsbedingungen, Umweltschäden und Diskriminierung sind hier die Stichworte – dann wäre doch wohl etwas mehr an Haftungssubstanz, mehr vor allem auch an Strenge gegenüber den adressierten Unternehmen nicht nur wünschenswert gewesen, sondern im Sinn der für uns maßgebenden, aber weltweit gültigen Menschenrechte auch geboten.

Doch die verantwortlichen Politiker – Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) – sprachen gleichwohl von einem „historischen Durchbruch“. Sowohl Peter Altmaier als Wirtschaftsminister wie auch die Bundeskanzlerin höchstselbst hatten ihren monatelang durchgehaltenen, hinhaltenden Widerstand gegen den vorgelegten Entwurf eines neuen Lieferkettengesetzes in Form eines deliktsrechtlich ausgestalteten Sorgfaltspflichtengesetzes endlich aufgegeben. So wurde denn auch im Kabinett – freilich: nur im Grundsatz – beschlossen, dass dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode (vulgo: noch vor der Sommerpause) verabschiedet werden soll, was angesichts zahlreicher Gesetze, die auch dieses Schicksal teilen, durchaus als ambitioniert zu bezeichnen ist.

Kritik aber darf nicht fehlen. Der neue Referentenentwurf – durchaus im Gegensatz zu dem vor Jahresfrist verabschiedeten „Eckpunkten“ – zielt nämlich nicht auf eine auf Schadensersatz gerichtete Haftung der Normadressaten. Er enthält gerade keine an den allgemeinen deliktsrechtlichen Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB angelehnten Kontroll- oder Sorgfaltspflichten der Unternehmen, falls sie die gebotene Achtung und Wahrung der Menschenrechte entlang der Lieferkette schuldhaft verletzt und einen Schaden verursacht haben. Das fast traumatisch zu nennende Beispiel des Brandes einer Fabrikhalle in Pakistan mit 258 Toten steht für das Gemeinte – und ursprünglich auch gesetzgeberisch Gewollte – Pate: Das „kik“-Urteil des OLG Hamm sah trotz aller Einwände, die auf einen Verstoß gegen den deutsch-rechtlichen ordre public gegründet waren, keinen anderen Ausweg, als die Schadensersatzklage der Hinterbliebenen und der Opfer ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.03.2021 10:36
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmid

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